Orthoptera
publication ID |
https://doi.org/10.5281/zenodo.15257850 |
DOI |
https://doi.org/10.5281/zenodo.15257779 |
persistent identifier |
https://treatment.plazi.org/id/C03F87F5-FF92-FFF1-FF4F-F9ECFCE5FB42 |
treatment provided by |
Carolina |
scientific name |
Orthoptera |
status |
|
Ergebnis Gesamtartenzahl der Orthoptera View in CoL im Untersuchungsgebiet
Im Naturschutzgebiet Haimberg bei Mittelrode und auf angrenzenden Flächen des Haim- und Vogelsbergs einschliesslich des Talbodens der Saurode wurden im Untersuchungszeitraum zwischen März 2016 und August 2019 insgesamt 24 Arten der Ordnung Orthoptera nachgewiesen. Eine weitere Art, Chorthippus mollis , meldete BREHM (1988: Tab. 12) im Pflegeplan für das damals in Planung befindliche Naturschutzgebiet. Somit wurden im Untersuchungsgebiet knapp ein Drittel (29,4 %) der 85 in Deutschland fest etablierten (vgl. MAAS et al. 2011: 577) und 41 % der aus den westlichen deutschen Mittelgebirgen bekannten (vgl. MAAS et al. 2002: 86) Heuschreckenarten festgestellt. Die Verteilung der Arten auf die untersuchten Teilhabitate und die Gefährdungs- und Seltenheitseinschätzung der Arten in den Roten Listen der Heuschrecken der Bundesrepublik Deutschland (MAAS et al. 2011) und Hessens (GRENZ & MALTEN 1996) sind in der Gesamtartenliste ( Tab. 1 View Tab ) dargestellt.
3.2
Artenzahlen auf den Habitattypen
Die auf den wesentlichen Habitattypen von Haim- und Vogelsberg und den Talwiesen der Saurode festgestellten Artenzahlen der Orthoptera sind in Abb. 1 View Abb dargestellt.
Das magere Grünland auf Kalkboden einschliesslich seiner frühen Brachestadien erwies sich mit 15 nachgewiesenen Heuschreckenarten als besonders artenreich, gefolgt vom gehölzreichen, steil südwestexponierten Halbtrockenrasen des Wacholderhangs mit 14 Arten. Mit neun nachgewiesenen Arten erwiesen sich auch die verbuschten Abraumhalden und feuchten Ruderalfluren des Basaltsteinbruchs als relativ artenreich. Infolge der Verfüllung des Steinbruchs sind zwei dieser Arten ( Gryllotalpa gryllotalpa , Tetrix subulata ) inzwischen wohl verschwunden. Mittlere Artenzahlen weisen die mesophilen Heuwiesen und Rinderweiden am Nordosthang des Haimbergs, das frische Grünland der Saurode-Niederung und der südwestliche Waldsaum des Haimbergs auf. Im Waldbestand des Haimbergs wurden fünf Orthopterenarten nachgewiesen. Die wenigsten Heuschreckenarten auf Haim- und Vogelsberg wiesen die Feldgehölzriegel auf.
3.2
Gefährdungsstatus der Orthoptera des Untersuchungsgebiets
Die Gefährdungseinschätzung der 25 auf Haim- und Vogelsberg sowie im Tal der Saurode nachgewiesenen Heuschreckenarten nach den Roten Listen Hessens (GRENZ & MALTEN 1996) und der Bundesrepublik Deutschland (MAAS et al. 2011) ist in Tab. 1 View Tab zusammengestellt. Elf dieser Arten sind in diesen Roten Listen einer Gefährdungskategorie zugeordnet. Für Barbitistes serricauda und Gryllotalpa gryllotalpa wird für Hessen eine Gefährdung unbekannten Ausmasses wegen unzureichender Datenlage angenommen (Kategorie G). Tetrix subulata und Chorthippus mollis stehen auf der Vorwarnliste der hessenweit im Bestand zurückgehenden, aber nicht akut gefährdeten Arten (Kategorie V). Sieben Arten gelten als in Hessen gefährdet (Kategorie 3). In der Roten Liste der Bundesrepublik ist Tetrix bipunctata als stark gefährdet (Kategorie 2) eingestuft. Keine weitere Art des Untersuchungsgebiets ist bundesweit einer Gefährdungskategorie zugeordnet. Für Myrmecophilus acervorum wird eine bundesweite Gefährdung angenommen, deren Ausmass wegen des Datendefizits als Folge der kryptischen Lebensweise dieser Art jedoch unklar bleibt. Es mag überraschen, dass in der Roten Liste Hessens und in der veralteten Roten Liste der Bundesrepublik (INGRISCH & KÖHLER 1998) deutlich mehr Arten einer Gefährdungskategorie zugeordnet wurden als in der aktuellen bundesweiten Roten Liste. MAAS et al. (2011: 593, 597) erklären dies – trotz negativer Bestandsentwicklung vieler Arten – mit einem erheblich verbesserten Kenntnisstand der Orthopteren Deutschlands und der klimabedingten Häufigkeitszunahme ehemals seltener Arten.
Da mehr als ein Drittel ihres Gesamtareals in Deutschland liegt, ist die Bundesrepublik für den Arterhalt der im NSG Haimberg bei Mittelrode vorkommenden Arten Barbitistes serricauda und Nemobius sylvestris im weltweiten Massstab „in hohem Masse“ verantwortlich (MAAS et al. 2002: 109, 137; MAAS et al. 2011: 599).
4.2
Die Heuschreckenzönosen auf Haimund Vogelsberg und im Tal der Saurode
Die Orthopteren auf Haim- und Vogelsberg sowie auf den Talwiesen der Saurode zeigen lebensraum- und nutzungsabhängige Vergesellschaftungen, die den von INGRISCH (1976a) für den Vogelsberg und JENRICH (1997: 71–76) für die hessische Rhön beschriebenen Zönosen weitgehend entsprechen.
Die Heuschreckenzönosen des Grünlands weisen einerseits eine graduelle Veränderung in Abhängigkeit von Nährstoffgehalt und Feuchtigkeit auf, andererseits ist eine nutzungsabhängige Ab- oder Zunahme der Abundanz mancher Arten zu beobachten. Die dominanten Charakterarten der oligotrophen Kalkmagerrasen des Vogelsbergs und Südwesthangs des Haimbergs sowie des steil südwestexponierten Halbtrockenrasens (Wacholderhang) sind Stenobothrus lineatus , Chorthippus biguttulus und Chorthippus dorsatus . Während die beiden Chorthippus -Arten in sehr hoher Abundanz fast flächendeckend auftreten, konzentriert sich S. lineatus auf den vegetationsarmen Störstellen innerhalb der Magerrasen. Besonders abundant ist die Art auf dem kurzrasigen, mit Kalkschotter durchsetzten, südwestexponierten Kamm des Wacholderhangs und um die teils erodierten, mit Thymus spec. bewachsenen, hohen Erdnester von Lasius flavus auf den verbuschenden Magerrasen des Vogelsbergs. Auch Tetrix bipunctata und T. tenuicornis besiedeln syntop derartige Störstellen und sind auf felsigen und kalkschottrigen Flächen des Wacholderhangs recht häufig. Die stellenweise verbrachenden Magerrasen im Südwesten des Haimbergs zwischen Mittelrode und Besges beherbergen stabile Populationen von Gryllus campestris und Oecanthus pellucens . Besonders die Feldgrille ist hier sehr abundant und auch auf den benachbarten Kalkscherbenäckern vertreten. Mit zunehmender Nährstoffversorgung und Vegetationshöhe des Grünlands auf den tiefer liegenden Hangabschnitten treten sowohl auf Kalkboden als auch auf dem basaltenen Nordostabfall des Haimbergs Chorthippus albomarginatus und Pseudochorthippus parallelus hinzu. Beide Arten besiedeln auch die zweischürigen Frischwiesen der Saurode-Niederung, wo C. biguttulus deutlich zurücktritt, C. dorsatus aber immer noch abundant vertreten ist. Stethophyma grossum besiedelt sowohl die zweischürigen, drainagierten Talwiesen der Saurode als auch die mesophilen, zweischürigen Heuwiesen und Rinderweiden des Nordosthangs des Haimbergs. Die Population der Talwiesen zeigt eine Bindung an den schmalen, vorwiegend aus Filipendula ulmaria bestehenden Hochstaudensaum der kanalisierten Saurode und ist individuenarm. Auf den mesophilen Hangwiesen ist die Abundanz der Sumpfschrecke jedoch erkennbar höher.
Langgrasige, auch verfilzte Zonen sowohl der Magerrasen als auch des mesophilen bis frischen Grünlands sind der Lebensraum von Roeseliana roeselii . Auf ungemähten und verbuschenden Kalkmagerrasen und Halbtrockenrasen der Südwestseite des Haimbergs und des Vogelsbergs ist Phaneroptera falcata häufig. Auf dem zum Haimberg hin orientierten, leicht verbuschenden, in den Vorjahren durch Schafe und Ziegen beweideten Kalkmagerrasen des nordwestlichen Vogelsbergs hat sich eine stabile Population von Bicolorana bicolor etabliert. Chrysochraon dispar wurde vereinzelt in frischen und mesophilen Saumstrukturen nachgewiesen, so im Staudensaum der Saurode und auf Rubus -Hecken im Nordosten des Haimbergs.
Die Heuschreckenfauna des mit standortfremdem, lehmigem Erdaushub verfüllten Kalksteinbruchs ist artenärmer als diejenige der angrenzenden Kalkmagerrasen. Auf dieser in den Vorjahren mit Schafen und Ziegen beweideten, im Jahr 2019 als Folge ausgebliebener Beweidung stellenweise stark verfilzten Fläche wurden die Laubheuschrecken P. falcata , Tettigonia viridissima , R. roeselii und die Grashüpfer C. biguttulus , C. dorsatus und P. parallelus in niedrigeren Abundanzen als auf den Kalkmagerrasen nachgewiesen.
In verbuschende Saumstrukturen der Magerrasen und des Wacholderhangs dringen Pholidoptera griseoaptera und Nemobius sylvestris vor. Beide Arten sind besonders auf der Südwestseite von Haim- und Vogelsberg in Heckenstreifen, Gehölzinseln, an Waldrändern und in lichten Waldzonen häufig. Während das Vorkommen von Barbitistes serricauda auf den Waldsaum und den lichten, wärmebegünstigten Hangwald im Südwesten des Haimbergs beschränkt ist, besiedelt Meconema thalassinum den gesamten Laubmischwald des Haimbergs und die Feldgehölze.
Innerhalb des Untersuchungsgebiets nimmt die Heuschreckenfauna des Basaltsteinbruchs im Nordosten des Haimbergs eine Sonderstellung ein. Während arborikole Arten ( M. thalassinum ) und Arten verbuschter Saumstrukturen und Waldränder ( P. griseoaptera , N. sylvestris ) die Gehölzsukzession auf den alten Abraumhalden besiedelt haben, sind die offenen, vegetationsarmen Ruderalfluren und Hangrutschungen Lebensraum von Chorthippus brunneus und C. biguttulus . Die im Jahr 2016 auf den feuchten Brachen und Rohböden am Grunde des Basaltsteinbruchs festgestellten Vorkommen von Tetrix subulata und Gryllotalpa gryllotalpa sind mittlerweile unter Deponieerde verschüttet und sicher erloschen.
4. 4.1
Diskussion
Faunistisch bemerkenswerte
Heuschreckenarten
Die auf und um Haim- und Vogelsberg nachgewiesenen Heuschreckenarten sind im Osthessischen Bergland zumeist weit verbreitet und teils häufig (vgl. FLÜGEL et al. 2006, INGRISCH 1976a, JENRICH 1997), jedoch ist das Vorkommen dreier Arten faunistisch bemerkenswert. Sie werden im Folgenden mit Angaben zu ihrer Gesamtverbreitung, der Verbreitung in Deutschland und Hessen und ökologischen Informationen vorgestellt.
Barbitistes serricauda (Laubholz-Säbelschrecke) ist mittel- und osteuropäisch verbreitet und möglicherweise kaspischer Herkunft (HAFNER & ZIMMERMANN 1998: 208). In Deutschland ist diese thermophile Laubheuschrecke besonders südlich der Mainlinie und um den Mittelrhein häufig nachgewiesen. Aufgrund ihrer arborikolen Lebensweise wird die Art nur selten nachgewiesen, weshalb Verbreitung und Häufigkeit in weiten Teilen Hessens kaum einzuschätzen sind (STÜBING, in litt. 2019). Die hessischen Funde konzentrieren sich vom südlichen Drittel des Taunus über das Rhein-Main-Gebiet und den Odenwald bis in den Spessart (STÜBING, in litt. 2019). Aus Mittel- und Nordhessen sind weitaus weniger Funde bekannt. So liegt für Mittelhessen nur eine alte Meldung aus Laubach (INGRISCH 1976a: 44) vor. Barbitistes serricauda wurde in jüngerer Zeit jedoch mehrfach in Nordhessen nachgewiesen, so im Schwalm-Eder-Kreis (Gudensberg, Willingshausen [STÜBING, in litt 2019]) und in der Region um den Hohen Meissner (DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR ORTHOPTEROLOGIE e. V.: Verbreitungskarte). Aus Osthessen ist B. serricauda bislang unbekannt (STÜBING, in litt. 2019, vgl. INGRISCH 1976a, JENRICH 1997). Informationen zur Ökologie der Art finden sich in Kap. 4.2. Auf dem Haimberg wurden Imagines der Laubholz-Säbelschrecke im lichten, wärmebegünstigten Laubmischwald des Südwesthangs ( Abb. 6 View Abb ) von Lichtfanganlagen angelockt, mit dem Klopfschirm von Büschen geklopft und beim nächtlichen Ableuchten alter Bäume beobachtet.
No known copyright restrictions apply. See Agosti, D., Egloff, W., 2009. Taxonomic information exchange and copyright: the Plazi approach. BMC Research Notes 2009, 2:53 for further explanation.